Bodenbewegungen – Ursachen und Folgen für die Infrastruktur

In den letzten Wochen erschienen in der hannoverschen Presse immer wieder Berichte zu den Notsperrungen einzelner Straßen im Stadtteil Hannover-Ahlem. Hintergrund ist die Wieder-Entdeckung von Hohlräumen im Untergrund nach geologischen Untersuchungen aufgrund von Hinweisen der zuständigen Landes-Bergbaubehörde (LBEG). Diese Hohlräume in geringer Tiefe (wenige Meter) stellen als Spätfolge des dortigen Asphaltabbaus im frühen 20. Jahrhundert eine potentielle Gefahr für die örtliche Infrastruktur sowie Gebäude dar. Im Zuge zunehmender Erodierung solcher Hohlräume kann es zu Bodenbewegungen kommen, die darüber liegende Straßen und Gebäude gefährden und damit auch unmittelbar die Anwohner betreffen können. Es ist daher enorm wichtig, solche Bodenbewegungen früh zu erkennen und ggf. zu überwachen, wenn kurzfristig keine weitergehenden und sicheren Maßnahmen zur Stabilisierung dieser Gebiete getroffen werden können.

Wie entstehen Bodenbewegungen und was bedeuten sie für bewohnte Gebiete?

Im Allgemeinen bezeichnet man als Bodenbewegungen Verformungen oder Lageänderungen der Oberfläche, die durch im Untergrund ausgelöste mechanische Prozesse hervorgerufen werden. Bodenbewegungen können dabei durch zwei wesentliche Ursachen entstehen: einerseits durch anthropogenen Einfluss, also durch das Handeln des Menschen, andererseits durch natürliche Prozesse unter der Erdoberfläche.

Anthropogen ausgelöste Bodenbewegungen treten in Deutschland vor allem in von Bergbau geprägten Gebieten auf. Durch Abbau und Förderung vorwiegend unterirdischer Ressourcen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle entstehen im Untergrund Hohlräume. Dadurch verlieren die darüber liegenden Bodenschichten ihre Stabilität und fangen an, sich zu bewegen. Im Zuge dessen kommt es zu gravitativem Absenken dieser Schichten, was sich häufig durch Senkungen des Bodens an der Erdoberfläche bemerkbar macht. Dabei entstehen immer wieder trichterförmige Verformungen (Senkungsmulden), die Ausmaße von wenigen hundert Metern bis hin zu mehreren Kilometern annehmen können. In besonders stark betroffenen Gebieten kommt es dabei zu langfristigen Senkungen von mehreren Zentimetern pro Jahr. Aber auch die für den Bergbau (untertage sowie übertage) erforderlichen mittel- bis langfristigen großflächigen Absenkungen des Grundwassers sowie dessen späterer Wiederanstieg haben häufig gravierenden Einfluss auf die Stabilität in Untergrund und an der Erdoberfläche.

Bergsenkungsmulde in Gelsenkirchen (© S. Harnischmacher)

Auch durch natürliche Prozesse können im Untergrund Hohlräume entstehen, die zu Bodenbewegungen führen. In Gebieten, in denen Salzstöcke im Untergrund vorkommen (wie es sie vielfach in Niedersachsen gibt), werden leicht lösliche Gesteine durch chemische Verwitterungsprozesse gelöst und aus der geologischen Anordnung ausgewaschen. Das damit einhergehende Senken von Gesteins- und Bodenschichten verläuft anschließend nach demselben Prinzip wie oben beschrieben und wird ggf. durch die Ausbeutung von Salz durch den Menschen verstärkt.

Je nach Stabilität der unterirdischen Gesteinsschichten kann eine Absenkung noch weitere Konsequenzen haben. Unter anderem als Folge starker anthropogener Auflast, aber auch durch das Eigengewicht der Gesteinsschichten im Untergrund, kann die Tragschicht über einem Hohlraum in sich zusammenfallen, wodurch kraterähnliche Einsturztrichter entstehen. Bei einer natürlichen Bildung spricht man hier von Erdfällen, bei anthropogen bedingten Ursachen nennt man solche Strukturen Tagesbrüche, wie sie in Bergbauregionen wie dem Ruhrgebiet oder dem Saarland häufig auftreten.

Erdfall auf einem Geländeweg (© RAG Aktiengesellschaft)

Wenn sich Infrastrukturbauwerke (bspw. Versorgungsleitungen, Bahntrassen, Straßen und Brücken) in von Bodenbewegungen betroffenen Gebieten befinden, ist deren Stabilität und Betriebsbereitschaft besonders gefährdet. Es kann zu Destabilisierungen von Fundamenten kommen, nicht selten entstehen Risse und Brüche in Beton- oder Asphaltbauten wie Straßen oder Brücken, aber auch im privaten Wohnhaus. Auch Hebungen oder Senkungen ganzer Gebäude von mehreren Zentimetern sind möglich.

Bodenbewegungen - Ursachen und Folgen für die Infrastruktur. Hier am Beispiel von Gebäuden.
links: Risse in einem betroffenen Gebäude (© V. Spreckels); rechts: Risse in einer Straße (© RAG Aktiengesellschaft)

Wie erkennt man Bodenbewegungen und wie lassen sie sich überwachen?

Da Bodenbewegungen aus diesem Grund eine latente bis akute Gefahr für das menschliche Leben darstellen, ist es wichtig, sie zu erkennen und anschließend mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung zu überwachen. Dafür existieren verschiedene Möglichkeiten, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können.

Eine Möglichkeit beinhaltet die satellitengestützte Fernerkundung. Die Messsensoren verschiedener Satellitensysteme, wie z.B. die Sentinel-1 (Satelliten der ESA im Rahmen verschiedener Copernicus-Missionen) überfliegen alle 7 Tage jeden Punkt der Erdoberfläche und vermessen sie dabei mit RADAR-Daten. Auf Grundlage dieser Daten können räumliche Veränderungen der Position von größeren Bauwerken sehr genau (auf wenige Zentimeter bis Millimeter) bestimmt werden. Diese Methode bietet eine sehr gute räumliche Abdeckung, jedoch lassen sich die Radardaten keinem Objekt oder Punkt exakt zuordnen.

Da Bodenbewegungen auch die Ursache für Verformungen an Bauwerken sein können, lassen sie sich auch im Rahmen der Überwachung von Infrastrukturbauten erkennen. Hierbei können sogenannte Neigungssensoren zum Einsatz kommen. Der Vorteil dieser Technik ist die hohe Messgenauigkeit von Neigungsveränderungen und die zeitliche Messauflösung. Allerdings erfassen die Neigungssensoren lediglich relative Messgrößen und keine absoluten Punktverschiebungen. Für viele Infrastrukturobjekte ist dies jedoch meistens ausreichend.

3-Achsen Neigungssensor
3-Achsen Neigungssensor (© Senceive)

Eine weitere Möglichkeit zum Erkennen von Bodenbewegungen besteht durch das GNSS-gestützte Geomonitoring. Monitoring beschreibt die Dauerüberwachung eines Zustandes, in diesem Fall die kontinuierliche Beobachtung von Position nach Lage und Höhe konkreter Punkte im Gelände. Mithilfe geodätischer Messsensoren lassen sich Deformationen am Boden, aber auch an Gebäuden auf Millimetergenauigkeit bestimmen. Durch GNSS-Monitoringstationen können konkrete Punkte langfristig überwacht und dreidimensionale Koordinaten mit hoher zeitlicher Auflösung erzeugt werden, woraus sich potentielle Bodenbewegungen ableiten lassen. Dies ist auch für ein schnelles Reagieren durch Ergreifung von Gegen- oder Sicherungsmaßnahmen unabdingbar.

GNSS-Monitoringstation im Beitrag Bodenbewegungen - Ursachen und Folgen für die Infrastruktur
GNSS-Monitoringstation

Das Leistungsportfolio der ALLSAT

Die ALLSAT hat in der Vergangenheit verschiedene Projekte im Bereich Geomonitoring geplant, durchgeführt und ausgewertet. Beim Geomonitoring ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen von großer Wichtigkeit. So arbeitete die ALLSAT in der Vergangenheit im Rahmen von Untersuchungen zu Bodenbewegungen mit Geologen und Geotechnikern zusammen. Wenn es um die Überwachung von Bauwerken wie bspw. Brücken oder Gleisen geht, sind auch Bauingenieure und da insbesondere Statiker, aber bspw. auch Eisenbahningenieure beteiligt.

Schon seit vielen Jahren arbeitet die ALLSAT im GNSS-Monitoring für die RAG Aktiengesellschaft. In den Gebieten des ehemaligen Steinkohlebergbaus in NRW und im Saarland werden Bodenbewegungen als Folge des Kohlebergbaus zur Erfassung möglicher Bergschäden überwacht. Mehrere GNSS-Monitoringnetze werden hier durch eigens entwickelte mobile Monitoringstationen und das von ALLSAT bereitgestellte GLOMON-Portal automatisiert ausgewertet und die Bewegungsvektoren visuell aufbereitet.


IHR ANSPRECHPARTNER

Florian Schäfer

Tel.:+49 511-30399-53
florian.schaefer@allsat.de